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06 - Autoreninterview mit Elodie Perron

"Generell finde ich nichts interessanter als menschliche Emotionen und von diesen ist die Liebe eine der stärksten, kompliziertesten und widersprüchlichsten."

Schreibtisch der Autorin Elodie Perron
(c) Elodie Perron

Elodie Perron ist das Pseudonym einer Berliner Schriftstellerin, die im „Brötchenberuf“ als Assistentin in einer Rechtsanwaltskanzlei arbeitet.

Ihr Roman „Celeste. Mein französischer Sommer“ als Hörbuch bei audible original erschienen und sie hat als Chris Bode den Roman „Die Mindesthaltbarkeit von Glück“ selbst veröffentlicht.

Celeste Mein französischer Sommer audible
(c) Elodie Perron

 

 

 

Liebe Elodie, wann hast du mit dem Schreiben angefangen?

 

Meine erste Geschichte habe ich mit ungefähr zehn Jahren in ein Schulheft gekritzelt – eine Indianergeschichte mit eigenen Illustrationen. Danach gab es immer wieder lebensbedingt längere Pausen, aber seit damals habe ich mich als Autorin gesehen.

 

 

Wie hast du dir das Schreiben beigebracht? Hast du Kurse besucht?

 

Ich habe als Kind und Jugendliche sehr viel gelesen, relativ früh schon auch Belletristik für Erwachsene. Lesen lehrt unbewusst viel über das Schreibhandwerk. Während ich an „Die Mindesthaltbarkeit

von Glück“ arbeitete, kam ich das erste Mal mit Literaturforen im Internet in Kontakt, lernte dort viel über Perspektiven, Spannungsbögen etc. Ich besuchte auch einige Kurse, habe aber gemerkt, dass es mir mehr bringt, gezielte Kritik an meinen Texten von ausgewählten Testleserinnen zu erhalten und selbst eingehend und kritisch mit den Texten anderer zu arbeiten.

 

Hast du immer daran geglaubt, dass du es schaffen wirst, deine Bücher zu veröffentlichen?

 

Es war so eine Mischung aus Hoffen und Glauben. Sicher war ich mir nie.

 

Setzt du dir Schreibziele? Welcher Art?

 

Ich setze mir Ziele (z.B. heute schreibst du fünf Seiten), aber scheitere oft daran. Es kommt bei mir sehr auf die Tagesform an. An meiner Disziplin muss ich noch arbeiten.

 

Wir organisierst du das Schreiben neben deiner Arbeit? Schreibst du täglich?

 

Ich versuche, unter der Woche jeden Abend noch an Texten zu arbeiten. An meinen eigenen oder – in meiner Tätigkeit für eine Literaturagentur – an denen anderer. Am Wochenende sitze ich länger daran und ich habe mir schon Schreiburlaube gegönnt, was eine großartige Sache ist, weil man aus dem Alltag herausgenommen ist und sich ganz auf seine Texte konzentrieren kann.

 

Hast du Rituale oder Herangehensweisen, die dir dabei helfen, ins Schreiben zu kommen?

 

Wasserflasche füllen, hinsetzen, Computer anmachen. Am Wochenende kommt noch die Tasse Kaffee dazu. Musik stört mich bei der Konzentration, es reicht schon, wenn hin und wieder eine meiner Katzen dazu kommt und unbedingt auf meinen Schoß möchte :o)

 

Du hast bisher zwei Romane veröffentlicht. Einen unter Pseudonym. Hast du von Anfang an gewusst, dass du „Celeste. Mein französischer Sommer“ als Elodie Perron veröffentlichst? Wenn ja, wie hast du das Schreiben im Vergleich zu „Die Mindesthaltbarkeit von Glück“ erfahren? Hast du „anders“ geschrieben“? Bist du „anders“ herangegangen?

 

Ich wusste von Anfang an, dass ich den Roman unter Pseudonym veröffentlichen möchte. Das hat allerdings keinen Einfluss auf mein Schreiben. Sicher, ich habe die Geschichte vorher stärker geplant als „Die Mindesthaltbarkeit von Glück“, aber das beruht auf den Erfahrungen, die ich bis dahin gemacht hatte. Die Freude am Gestalten der Figuren und die Überraschung, wenn sie sich mitunter ganz anders verhalten, als ich das eigentlich geplant hatte, blieb gleich.

 

Was hat dich dazu bewogen, unter Pseudonym zu schreiben?

 

Da ich mich nicht auf ein Genre festlegen kann und möchte, ist es gut, wenn der Leser/die Leserin weiß: Elodie Perron bedeutet erotische Liebesromane. Unter diesem Namen gibt es keine Sci-Fi-Novelle oder düstere True-Crime-Geschichte. 

Außerdem möchte ich meine Liebesromane von meinem Hauptberuf getrennt wissen.

 

Liest du selbst gern Liebesromane, oder wie bist du zu diesem Genre gekommen?

 

Einer der wunderschönsten Liebesromane der Welt gehört zu meinen liebsten Büchern: „Jane Eyre“. Eine für heutige Verhältnisse sehr keusche Geschichte, die allerdings damals, im 19. Jahrhundert, skandalös war. Charlotte Brontë gelingt es, dass Sich-Verlieben der Heldin derart eindringlich zu beschreiben, dass man selbst Herzklopfen bekommt.

Zeruya Shalevs Roman „Liebesleben“ wiederum war für mich hochbeeindruckend in seiner Schilderung der zerstörerischen Kraft, die Liebe auch innewohnt.

Generell finde ich nichts interessanter als menschliche Emotionen und von diesen ist die Liebe eine der stärksten, kompliziertesten und widersprüchlichsten. Es bereitet mir unglaubliche Freude, darüber zu schreiben und versuche, meine Paare und ihre Gefühle mehrdimensional und spannend zu gestalten.

 

Deine Romane spielen in Frankreich und London, welche Verbindung hast du dorthin?

 

„Celeste. Mein französischer Sommer“ spielt in Frankreich (und auch in London), „Die Mindesthaltbarkeit von Glück“ spielt in London.

 

Mein erster Freund war Südfranzose und wir haben einen mehrmonatigen Trip durch das Land gemacht, in einem uralten Renault 4TL. Das ist schon viele Jahre her, mittlerweile übernachte ich nicht mehr gern in Autos oder wasche mich mit eiskaltem Wasser auf irgendeinem Feldweg. Trotzdem habe ich mich bei dieser Reise in das Land verliebt – und diese Liebe blieb, auch wenn die Beziehung später in die Brüche ging.

Gerade Südfrankreich ist wie geschaffen als Kulisse für Liebesromane, deshalb war es klar, die Geschichte von Celestes und Yoanns stürmischer Romanze in Okzitanien spielen zu lassen.

 

Mit England habe ich mich immer schon verbunden gefühlt – der Kultur, der Literatur, den Menschen. Ich habe einige Monate in London gelebt und dort u. a. als Zimmermädchen gearbeitet. Ich liebe diese Stadt, trotz/wegen ihrer Hektik und der großen sozialen Gegensätze. Diese Verbundenheit ist sehr stark in „Die Mindesthaltbarkeit von Glück“ eingeflossen. Der Roman ist durchzogen von schwarzem Humor und fühlt sich für mich – und für Leser/Leserinnen, mit denen ich gesprochen habe – sehr englisch an.

 

Planst du oder schreibst du deine Romane einfach drauflos?

Welche Vorteile hat das Planen für dich?

oder Welche Vorteile hat das Nicht-Planen für dich?

 

„Die Mindesthaltbarkeit von Glück“ entstand nach einer langjährigen Schreibpause und ich schrieb einfach drauflos. Je weiter der Roman voranschritt, umso klarer wurde mir, dass ich planen musste, um die Geschichte zusammenzuhalten. 

Heutzutage plane ich meine Geschichten wenigstens grob vor. 

Der Vorteil beim Nicht-Planen ist die Spontaneität, bei der die Kreativität einfach mal so kreisen kann, wie sie möchte.

Der Vorteil beim Planen ist es dann, alle diese kreierten Figuren/Szenen/Handlungsstränge zu packen und in eine Geschichte zu gießen, die einen Anfang, eine Mitte und ein Ende haben wird.

 

Wie gehst du bei der Entwicklung deiner Figuren vor? Hast du eine bestimmte Vorgehensweise?

 

Die Figuren sind immer das erste, das entsteht. Sie sind plötzlich da und erzählen mir ihre Geschichte, allerdings nicht immer vollständig. Dann hilft es mir, über sie nachzudenken. Was sind ihre Erfahrungen, was steckt hinter ihrem Verhalten? Manchmal dauert es eine ganze Weile, bis ich erkenne, was sie eigentlich ausmacht. Die Erkenntnis kommt immer ganz plötzlich und unerwartet. Dann muss ich das gerade Erkannte erst einmal aussprechen, was für Außenstehende bestimmt so wirkt, als sei ich nicht ganz zurechnungsfähig.

Meine Vorgehensweise ist es also, dazusitzen und Löcher in die Luft zu starren, während ich nachgrübele und dann meine Mitmenschen zu verunsichern.

 

Dein aktueller Roman „Celeste. Mein französischer Sommer“ ist als audible original-Hörbuch erschienen. Was für ein toller Erfolg! Wie ist es denn dazu gekommen? 

 

Danke! Das war schon ziemlich ungewöhnlich. Bei einer Veranstaltung habe ich eine Programmverantwortliche von audible original getroffen und die Chance genutzt, ihr von diesem Roman zu erzählen. Sie fand den Plot interessant und ich durfte ihr Exposee und Leseprobe zuschicken. Danach ging alles ziemlich schnell. Ich bin sehr froh über diese Chance. Es ist ein großartiges Gefühl, die eigene Geschichte zu hören und die Sprecherin des Romans, Jana Kozewa, macht einen wunderbaren Job!

 

Stichwort Marketing: Was ist dein persönlicher Marketingtip, der dir hilft, dich und deine Bücher bekannt zu machen? 

 

Ich habe eine Instagramseite, auf der ich immer wieder poste und eine Homepage. Gerade Instagram ist heutzutage sehr wichtig, um Bekanntheit zu generieren. Facebook auch, aber an der Seite für mich bastele ich noch.

 

Gibt es etwas zu beachten, wenn man unter Pseudonym schreibt? Hast du einen Rat für die Leser?

 

Ich würde immer Pseudonyme benutzen, wenn man in verschiedenen Genres schreiben will. 

Die Leserschaft ist zu divers, um einen Rat zu geben, denke ich. Wenn mir aber die unter einem Pseudonym geschriebenen Bücher eines Autors in einem bestimmten Genre gefallen, würde ich mir auch seine anderen Werke ansehen: Vielleicht finde ich ja auf einmal Gefallen an Geschichten ganz anderer Art, die die Welt aus einem neuen Blickwinkel zeigen.

 

Wo können dich deine Leser im Internet finden?

 

Auf Instagram unter: @elodiesgeschichten

Und meine Homepage ist: www.elodiesgeschichten.de

 

 

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Vielen Dank für das Interview, liebe Denise!