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12 - Autoreninterview mit Rebecca Ahlen

Rebecca Ahlen nimmt gerade einen Auszeit als Ingenieurin und widmet sich dem Schreiben auf ihrer Weltreise. Im Mai 2019 erschien ihr Debütroman "Die Farbe des Saris". Sie schreibt und plottet bereits an ihren nächsten Büchern.

(c) Rebecca Ahlen
(c) Rebecca Ahlen

Liebe Rebecca, im Juni 2019 ist dein erster Roman „Die Farbe des Saris“ erschienen. Worum geht es?

 

Indische Hochzeiten, ein Gewürzmarkt, Saris in allen Farben, ein Hippydorf und Bianca, die bei ihrer Ankunft erkennt, dass es gar nicht nach Bollywood aussieht.

Sie hätte sich besser informieren sollen, als sie die Stelle an einer Berufsschule in Südindien annahm.

Bianca ist auf der Suche nach einer Aufgabe, die ihr Spaß macht, denn ihr erster Job als Bauingenieurin nach dem Studium war eine große Enttäuschung. Deswegen probiert sie sich in der Entwicklungshilfe. Doch sie merkt schnell, dass etwas mehr dazu gehört, als den Lehrern und Schülern ihre Sichtweise aufzudrücken. Kulturen und Wertvorstellungen prallen aufeinander und es dauert seine Zeit bis Bianca sich in der neuen Welt zurechtfindet.

Eine Prise Missverständnisse, eine Liebesromanze, Situationskomik und ganz viel Indien, und fertig ist er Indien-Roman „Die Farbe des Saris“.

 

Indien ist also der Schauplatz deines Romans. Gibt es einen persönlichen Bezug? Warum hast du Indien gewählt?

 

Ich bin viel gereist und Indien war für mich immer das Land mit einer reichen Kultur und Exotik. Da ich das Thema Kulturunterschiede behandeln wollte, kam für mich nur Indien in Frage, weil die Wertvorstellungen der Inder einen extremen Kontrast zu unseren in Mitteleuropa darstellen. Zusätzlich habe ich eine Weile in Indien gelebt. Es bot sich an, einige Situationen aus meiner Erfahrung oder der meiner Freunde in den Roman mit einzubauen. 

 

Wie viel Rebecca steckt in der Protagonistin Bianca?

 

Eine ganze Menge. Wir haben sehr viel gemeinsam. Da es ein komplexer Prozess ist, ein Buch zu schreiben, wollte ich mir die Arbeit etwas erleichtern. Für mein erstes Buch war ich sehr beschäftigt mit dem Plot, dem Schreibstil und wie ich meine Kerninformationen herüberbringe. Deswegen wählte ich eine mir sehr ähnliche Figur, die ich verstehen kann und deren Entscheidungen für mich logisch erscheinen.

Ich weiß, wie eine Frau sich in Indien fühlt, welche Erwartungen an eine Bauingenieurin gestellt werden und wie Entwicklungshilfe schief gehen kann.

Ich habe mich an den Anfängertipp gehalten: „Schreib was du weißt, denn das ist authentisch und interessant für andere.“

 

Du hast Job gekündigt und befindest dich seit neun Monaten auf Weltreise. Was hast du bisher über dich selbst herausgefunden?

 

Auf meiner Reise treffe ich auf viele unterschiedliche Lebensweisen. Das gibt mir ein sehr weites Spektrum an Möglichkeiten, wie ich meine nächsten Jahre verbringen möchte. Vielleicht gehe ich zurück in eine Festanstellung als Ingenieurin. Ich könnte aber auch meine eigene Firma gründen. Könnte mir einen Katamaran kaufen und über die Ozeane segeln. Oder ich mache alles gleichzeitig oder nacheinander. Egal was ich tue, das Schreiben wird mich jedoch weiterhin begleiten.

Ich habe gelernt, dass es keine Rolle spielt was ich mache, solange ich nur Glücklich dabei bin. Glück ist Ortsunabhängig. Und jede Entscheidung die ich treffe, ist nie für immer und kann jederzeit wieder verändert werden.

Somit habe ich die Angst vor der Zukunft verloren.

Ich habe vor neun Monaten einen sehr guten Job gekündigt und viele Kollegen und Freunde konnten es nicht verstehen, denn zu unseren größten Ängsten gehören Arbeitslosigkeit und die Finanzierung der Rente.

Aber durch meine Reise habe ich ein großes Vertrauen in das Schicksal bekommen. Wie oft wusste ich in den letzten Monaten nicht, was der Tag bringt. Offen trat ich dem neuen Tag entgegen und es haben sich unglaubliche Dinge ergeben, die ich niemals hätte planen können. Und so möchte ich auch mein Leben leben.

 

Wie lange wirst du noch auf Weltreise sein? Gibt es ein open end?

 

Das kann ich noch nicht sagen. Es wird einen Zeitpunkt geben, an dem ich wieder eine Einnahmequelle benötige, wie eine Festanstellung oder eine eigenen Firma. Aber das kann ich auch in anderen Ländern als Deutschland verwirklichen. Es kommt jetzt ein bisschen darauf an, wie man Weltreise definiert.

Ist man auf einer Weltreise, wenn man jeden Tag reist?

Wenn man mehrere Länder in einem bestimmten Zeitraum bereist?

Wenn man sich außerhalb des Heimatlandes befindet?

Wenn man einmal die Welt umrundet hat?

Die Meinungen dazu gehen auseinander. 

Ich formuliere deine Frage also etwas um: Wann wirst du wieder nach Deutschland kommen? Definitiv werde ich eines Tages wieder zurück kommen. Denn ich liebe Deutschland und während den letzten Monaten ist mir mehr denn je bewusst geworden, wie gut es uns geht und in welchem Luxus wir leben. 

Aber ich kann noch nicht sagen, wann das sein wird. Ich fühle mich momentan in Neuseeland sehr wohl und solange meine Ersparnisse noch ausreichen, kann ich mich ganz darauf konzentrieren, zu schreiben und die Kiwis besser kennenzulernen.

 

Wo wohnst du aktuell? Arbeitest du nebenbei?

 

Ich habe momentan nirgends eine Wohnung und alles was ich brauche passt in einen Reiserucksack. Ich wohne zurzeit bei einer Familie auf der Nordinsel von Neuseeland und pendel immer wieder zu Südseeinseln. Meine letzte Reise ging nach Fidschi zum Segeln auf einem kleinen privaten Boot.

In Neuseeland verbringe ich meine Tage mit dem Schreiben. Denn arbeiten ohne passendes Visum ist hier, wie in den meisten Ländern, nicht erlaubt.

 

 

Momentan pendelst du zwischen den Südseeinseln und Neuseeland, um für deinen nächsten Roman zu recherchieren. Kannst du schon etwas darüber erzählen? Wie sehen deine Recherchen aus?

 

Ich arbeite gerade an zwei Buchprojekten. Ich schreibe ein Sachbuch über Glück und ich plotte an meinem nächsten Roman mit Südseefeeling. Die Inspiration für beide Bücher hatte ich während meiner Reise.

In Kathmandu fragte ich mich das erste Mal, warum Reisen mich glücklich macht. Auf Bali traf ich andere Autoren, die sich mit den Thema Glück beschäftigt haben. Und jetzt lebe ich in einem Land, das beim Glücksindex in den Top 10 ist. Das Thema kam automatisch zu mir und ich möchte teilen, was mich und auch andere beim Reisen glücklich macht.

 

Die Idee für den Südseeroman hat mit einem Gefühl am Anfang meiner Reise begonnen. In jedem Land, dass ich bereiste, schrieb ich Ideenschnippsel in ein Heftchen, bis ich unerwartet meine Protagonistin am Flughafen von Melbourne sah. Das gab meiner Geschichte einen Boost und der halbe Plot war plötzlich klar vor meinen Augen. Mir war klar, dass ich bald in die Südsee reisen musste, um dort die Atmosphäre aufzugreifen und kleine Marotten der Inselbewohner aufzufangen, die meiner Geschichte mehr Substanz geben würden.

 

Wie lange schreibst du schon und wie hast du dir das Schreiben beigebracht?

 

Ich habe vor drei Jahren mit dem Schreiben begonnen, weil ich ein Sachbuch über Entwicklungshilfe veröffentlichen wollte. Innerhalb weniger Wochen waren 500 Seiten in den Computer getippt. Aber das Buch gefiel mir nicht. Es hatte keinen roten Faden, ich verstrickte mich in Details oder war zu oberflächlich – kurz gesagt, es war kein Buch, das ich lesen würde.

Deswegen entschied ich, dass ich erstmal lernen musste, wie man ein Buch schreibt.

Ich trat einer Schreibgruppe bei und übte mich an Kurzgeschichten. Gleichzeitig schrieb ich an meinem Indienroman. Als er fertig war, gab ich ihn meiner Lektorin und ich bekam ihn knallrot und mit 22 Seiten Kommentaren zurück. Durch diese Kritik, habe ich so viel gelernt und mein Schreibstil hat sich um einiges verbessert. Ich brauchte ein komplettes Jahr, um jeden Satz im Roman zu überarbeiten. Es war viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt.

Es war eine Überwindung, meine Arbeit zu veröffentlichen, aber es war der richtige Schritt. Das Feedback, dass ich zu „Die Farbe des Saris“ bekomme, motiviert mich weiter zu machen und es kribbelt mir jeden Tag in den Fingern, an den nächsten Büchern zu schreiben und zu feilen. Und wenn ich die nächsten beiden Projekte abgeschlossen habe, setzte ich mich an mein erstes Manuskript und veröffentliche mein Buch über Entwicklungshilfe.

 

Bei jedem Schritt meiner Autorenkarriere ist meine Schreibgruppe eine große Hilfe. Auch wenn ich momentan nicht in Augsburg lebe, sind wir regelmäßig in Kontakt und unterstützen uns gegenseitig. Wir haben die Autorengruppe „Schreiber und Sammler“ (www.schreiberundsammler.de) gegründet, veranstalten gemeinsame Lesungen und wollen nächstes Jahr eine Anthologie zusammen veröffentlichen.

 

Setzt du dir Schreibziele? Welcher Art?

Wie ich schon erwähnt habe, plane und schreibe ich an einigen Projekten. Dafür habe ich einen groben Zeitplan, der sich aber immer etwas verschiebt. Ich glaube, ich setzte mich selbst ein wenig unter Druck, weil ich Projekte gerne abschließe. Ich habe nicht die Geduld 5, 10 oder mein Leben lang an einem Buch zu arbeiten.

 

Wie gelingt es dir, fokussiert an deinem Roman zu arbeiten? Ich bin beispielsweise eine absolute Schreibtischautorin, die zu Hause am effizientesten schreibt. Wie ist das bei dir? Hast du Rituale oder Herangehensweisen, die dir dabei helfen, ins Schreiben zu kommen?  

 

Als ich noch in Augsburg war, ging ich jeden Abend nach meiner Arbeit für 1-2 Stunden in mein Lieblingscafé und schrieb. Ich freute mich den ganzen Tag auf den Chai Latte. Und weil ich jeden Tag an meiner Kurzgeschichte oder meinem Roman arbeitete, war ich im Fluss. Es machte mir Freude, die Entwicklung des Romans zu beobachten.

 

Wenn ich reise gebe ich mir regelmäßig Ruhepausen und bleibe für einige Tage an einem Ort. Dann setzte ich mich in ein gemütliches Café oder in die Bücherei. Wenn mich jemand fragt, ob mir ein Ort gefallen hat, antworte ich meistens, „Dort habe ich mich wohl gefühlt, denn die hatten ein hübsches Café.“ Meine produktivsten Tage für den Plot des Glücksbuches hatte ich drei Tage am Stück in der Staatsbücherei von Victoria in Melbourne/ Australien.

Ich brauche Menschen um mich herum, um an meinen Geschichten zu arbeiten.

 

Planst du oder schreibst du deine Romane einfach drauflos?

 

Ich bin ein überzeugter Plotter. Das Drauflosschreiben ging bei meinem ersten Manuskript in die Hose. Seitdem plane ich alles. Ich weiß, bevor ich den ersten Satz schreibe, was in der Geschichte passiert und wie viele Kapitel sie hat. Das gibt mir die Möglichkeit, Details besser zu platzieren und die Geschichte nicht in eine Sackgasse zu manövrieren.

Doch während ich schreibe, passiert noch sehr viel. Gerade diese Woche habe ich einige Kapitel in meinem Glücksbuch umgeworfen, weil neue Aspekte hinzu gekommen sind.

 

Welche Vorteile hat das Planen für dich?

 

Ich weiß wo mich das Kapitel hinführt. Ich habe ein Ziel vor Augen und es fällt mir leichter den Spannungsbogen und die Atmosphäre zu erzeugen, weil ich mich allein darauf konzentrieren kann. Außerdem möchte ich vermeiden am Ende das halbe Buch umschreiben zu müssen, weil ich für das Finale doch noch eine Handlungsfigur benötige.


Ergänze bitte diese Satz: Schreiben ist für mich …

 

... zu zeigen wie wundervoll und vielseitig unsere Welt ist.


Welche drei Tipps kannst du Schreibanfängern geben?

 

1) Wenn du deine Geschichte veröffentlichen willst, denke immer an deine Zielgruppe. Für wen ist die Geschichte? Was soll sie bei dem Leser bewirken?

Ich denke, während dich schreibe, immer an eine bestimmte Person. Ich schreibe meine Geschichte oder mein Sachbuch für diese eine Person, die eine ganze Zielgruppe verkörpert. So kann ich die Atmosphäre im Buch, die Aspekte, die Fragestellungen, auf meine Leser ausrichten.

 

2) Fang heute an und ziehe es durch. Trete vielleicht einer Schreibgruppe bei, die dir jede Woche ein schlechtes Gewissen macht, weil du nicht an deinem Buch gearbeitet hast oder denen du dein neues Kapitel vorlesen kannst. Gehe regelmäßig in Buchhandlungen und visualisiere dein Buch im Regal. Das motiviert dich, weil du das Ziel vor Augen hast.

Und mit durchziehen meine ich auch, es irgendwann mal abzuschießen. Das Problem mit dem eigenen Werk ist, dass es nie fertig ist. Es kann immer noch mal eine Überarbeitung gebe. Aber ab einem gewissen Punkt musst du loslassen können. Für mich gibt es nichts demotivierendes als an einem Buch 10 Jahre zu schreiben. Deswegen schreibe das beste Buch, das du kannst und veröffentliche es. Erwarte nicht, dass dein erstes Buch ein Bestseller wird, wenn du es noch einmal überarbeitest. Es ist was es ist.


3) Investiere das Geld in einen Lektor und in ein professionelles Buchcover. Es hört sich nach einer Menge Geld an, aber beide Investitionen sind es wert. Am Ende ist dein Buch ein Produkt und du möchtest das best möglichste Produkt für die Leser erstellen.

Auf dem hart umkämpften Buchmarkt interessiert es niemanden, dass es dein erstes Buch ist, du Alleinerziehend bist oder das du noch dein Auto abbezahlen musst. Wenn dein Buchcover nicht gut ist, dann wird es nicht gekauft. Ist dein Buch schlecht geschrieben mit vielen Grammatikfehlern, bekommst du schlechte Kritiken.

Du hast viel Arbeit in dein Buch gesteckt. Investiere das Geld, um auf dem Buchmarkt eine Chance zu haben.

 

 

Wo können dich deine Leser im Internet finden?

 

Ich habe eine Autorenseite auf der ihr mehr über mich erfahrt und auf dem ich auch meinen Blog mit Kulturgeschichten finden könnt:

 

Www.kultur-flieger.de

 

Auf Facebook und Instagram poste ich öfters, wo ich mich gerade in der Welt herum treibe und wie es mit meinen Buchprojekten voran geht.

 

Facebook: https://www.facebook.com/rebecca.autorin

Instagram: https://www.instagram.com/rebecca_kulturflieger/

Twitter: https://twitter.com/kulturflieger

 

 

Und bei den Augsburger Autoren, erfahrt ihr mehr über Lesungen und unsere gemeinsame Anthologie.

 

 

Www.schreiberundsammler.de

 

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